Foto: Meike Ewert

Meditation

Meditation und Kontemplation

Viele Zeitgenossen erfahren sich zerstreut, gehetzt, fremd-gesteuert und suchend. Dabei wird häufig der Wunsch geäußert, wirklich zur Ruhe zu kommen. Nicht nur zu einer äußeren Ruhe, sondern zu einer Ruhe der Seele, der Wunsch nach Herzensruhe. Viele Zeitgenossen suchen einen tragenden Boden für das eigene Leben und fragen nach Erfahrungswegen, wie im Alltag, in Drucksituationen und Kopflastigkeiten eine stabilisierende Gelassenheit eingeübt werden kann. Der Wunsch, die Seele zu spüren, äußert sich zum Beispiel in Aussagen wie: "Darf ich sein, wie ich bin?"

Der Weg der christlichen Meditation ist ein innerer Weg, um bei mir selbst anzukommen, bei mir selbst zu wohnen. Wenn der Mensch bei sich selbst ist, kann Gott auch bei den Menschen sein.

Der meditative Übungsweg ist also ein Weg nach Innen. Und derjenige, der sich auf diesen inneren Weg einlässt erfährt, dass dies ein langer Weg sein kann. Die Meditation klärt und sortiert den inneren Menschen. Dabei kann der Mensch auch mit seiner eigenen Wahrheit konfrontiert werden. Wenn ich auf diesem Weg, in meine eigene Mitte hingeführt werde, kann ich Gott in mir selbst erfahren. Ziel christlicher Meditation ist die Gottesbegegnung.

Der meditativ Übende, wird zu einem, der auf das Ohr seines Herzens hört. "Halt an, wo läufst Du hin, der Himmel ist in Dir." schreibt der Mystiker Angelus Silesius. Aus christlicher Sicht ist der Mensch selbst ein Tempel Gottes. In der christlichen Meditation begegnet der Mensch dem göttlichen Du:

Ich halte meinen Geist fest in meinem Körper.
Ich widerstehe seinem Drang, aus dem Fenster zu entweichen,
an jedem anderen Ort zu sein als an diesem hier,
in der Zeit nach vorn und hinten auszuweichen,
um der Gegenwart zu entkommen.
Sanft und fest halte ich meinen Geist dort, wo mein Körper ist:
hier in diesem Raum.
In diesem gegenwärtigen Augenblick lasse ich alle meine Pläne, Sorgen und Ängste los.
Ich lege sie jetzt in Deine Hände, Herr.
Ich lockere den Griff, mit dem ich sie halte und lasse sie Dir.

Für den Augenblick überlasse ich sie Dir.
Ich warte auf dich erwartungsvoll.
Du kommst auf mich zu, und ich lasse mich von Dir tragen.


                                                                               Dag Hammarskjöld

Unsere lärmende Zeit braucht eine Wiederentdeckung einer Kultur der Stille. Der Weg der kontemplativen Lebenshaltung stellt eine solche Integration der Stille ins Leben dar. In der Stille kann der Mensch sich selbst und Gott begegnen. Der Kontemplative erfährt sich als einer, in dem Gott wirkt und betet. Der Mensch, der biblisch ein Tempel Gottes ist, erfährt sich in der kontemplativen Übung als Eins mit Gott.

Im Bewusstsein des Kontemplativen wirkt die Klarheit, dass in allem Gottes Präsenz da ist, in Freude wie im Leid. Die kontemplative Übung verbindet sich mit dem Gott, der im Augenblick über, unter und in mir betet. Dieses Verweilen wird als ein Dasein im Augenblick, in der Gegenwart, beschrieben.

Lasse Dich in das Herz der Gegenwart sinken,
in den gegenwärtigen Augenblick, so, wie er ist.
Denn wir finden Gott nicht in Gedanken
an Vergangenheit oder Zukunft.

                                                                                       Thomas Merton

 

Ein in Meditation erfahrener Mann wurde einmal gefragt, warum er trotz seiner vielen Beschäftigungen immer so gesammelt sein könne. Dieser sagte:

 

Wenn ich stehe, dann stehe ich.

Wenn ich gehe, dann gehe ich.

Wenn ich sitze, dann sitze ich.

Wenn ich esse, dann esse ich.

Wenn ich spreche, dann spreche ich…

 

Da fielen ihm die Fragesteller ins Wort und sagten: Das tun wir auch, aber was machst du noch darüber hinaus?

Er sagte wiederum:

Wenn ich stehe, dann stehe ich.

Wenn ich gehe, dann gehe ich.

Wenn ich sitze, dann sitze ich.

Wenn ich esse dann esse ich.

 

Wieder sagten die Leute:

Das tun wir doch auch.

 

Er aber sagte zu ihnen: Nein,

wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon.

Wenn ihr steht, dann lauft ihr schon.

Wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.